Die Weine des Beaujolais waren zwar schon immer bekannt aber selbst die Besten unter ihnen schafften es nie mit beispielsweise den Bordeauweinen preislich und im Prestige gleich zu ziehen. Allgemein wurden sie eher als ein kleiner, sympathischer Wein angesehen, fruchtig und frisch, den man mit Freunden im Bistro trinkt, auf Feiern etc und vor allem in seiner eigenen Region.
In den 50-er Jahren machten sich die Brüder Roger und Georges Duboeuf Gedanken, wie sie das vom Vater übernommene Weingut noch besser vermarkten könnten. Anstatt wie bisher den Wein en gros an Handelsnetze abzugeben, machte sich Georges daran, die Sterne-Restaurants des Guide Michelin abzuklappern und dort seinen Wein persönlich den Küchenchefs anzubieten. Das funktionierte ganz gut und so weitete er seine Aktivitäten auf ganz Frankreich aus. Schon bald konnten die Brüder die Nachfrage alleine mit ihrem kleinen Weingut nicht mehr befriedigen und begannen Wein von den benachbarten Gütern aufzukaufen.
Sie entwickelten sogar einen LKW, der als fahrbare Abfüll- und Verkorkstation ausgebaut war, mit dem sie von Hof zu Hof fuhren.
Die Gastronomen waren zufrieden und kauften nun neben dem bisherigen Weißwein auch den Roten.
Da der Beaujolais wie bereits gesagt nie das Preisniveau der „Edelweine“ erreichte, musste sich Georges etwas anderes einfallen lassen und er verlegte sich auf den Beaujolais Nouveau, jenen ganz jungen Roten der schon kurz nach der Ernte verkauft wird und nur einige Monate genießbar bleibt.
Ursprünglich nur in der Region bekannt und getrunken, begannen viele Vertreter den Nouveau in ganz Frankreich zu vertreiben. Georges musste sich also etwas besonderes einfallen lassen, wenn er aus der Masse herausstechen wollte.
Er begann in den 60-ern, jedes Jahr am dritten Donnerstag im November ein Riesenfest mit viel geladener Prominenz zu veranstalten, um den neuen Beaujolais Nouveau auszuschenken und somit die Saison zu eröffnen. Klar, dass dies eine dementsprechende Neugier bei den Medien erweckte, die das Event bekannt machten. Er führte dies so konsequent weiter, dass heutzutage in 120 Ländern der Erde für seinen Beaujolais Nouveau zeitgleich am dritten November-Donnerstag um Punkt 0.00 Uhr (französischer Zeit) Verkaufsstart ist – immer begleitet von einem großen Fest mit Prominenz aus der Showwelt und der Gastronomie.
Der Beaujolais Nouveau ist bekannt für seine fruchtigen Noten; insbesondere die „fruits rouges“ wie Himbeere, Erdbeere und Cassis, aber auch etwas Banane. Um jedes Jahr dieses Hauptmerkmal in den Vordergrund zu rücken, wird der Nouveau aus allen angelieferten Weinen der Region komponiert. Dazu müssen Georges und zwei weitere Angestellte in nur 1 1/2 Monaten 13.600 verschieden Weinproben kosten (das sind im Schnitt 400 pro Tag ! ).
Dem nicht genug : anschließend werden die einzelnen Weine von hochmodernen Computersensoren getestet, die den Wein nach seinen Geschmacksanteilen klassifizieren. Auch werden bei der Reifung verschiedene Temperaturen zu verschiedenen Zeitpunkten gesteuert, um die fruchtigen Noten offenkundiger zu machen.
So entsteht schließlich der Wein, der in der ganzen Welt bekannt wurde, verziert mit einem bunten Etikett, das ganz und gar nicht mit den konservativ, klassischen Etiketten der „normalen“ Weine vergleichbar ist – auch eine Innovation von G. Duboeuf. Nicht umsonst beträgt sein Privatvermögen heute über 20 Milliarden Euro.
Grossabnehmer bekommen bei Ihrem Besuch bei Duboeuf allerdings oftmals eine Auswahl einzelner Grundweine kredenzt, um daraus einen Beaujolais Nouveau nach Ihren Vorstellungen mischen zu lassen. Sogar das Etikett-Layout können sie sich aussuchen. Das ist keineswegs nur eine Schmeichelei seitens Duboeuf für einen Großabnehmer, das begründet sich mit den verschieden Geschmäckern. Japaner beispielsweise – nach Frankreich der zweitgrößte Nouveau Konsument – bevorzugen den Nouveau noch fruchtiger als er in Europa angeboten wird.
Nachteil des enormen Erfolges ist allerdings, dass die Winzer kaum noch normalen Wein aus der Region verkaufen können, weil alle Welt den Beaujolais nur mit dem Nouveau in Zusammenhang bringt. Duboeuf hat also schon fast eine Monopolstellung und bestimmt die Preise. Steigen die Transportpreise in der Luftfracht, sinkt für den französischen Winzer der Liter-Erlös seines Erzeugnisses, weil es heutzutage zum Grossteil in Übersee verkauft wird.
Andererseits verkaufen die Winzer auf diese Weise einen Grossteil ihrer Produktion bereits nach nur 60 Tagen nach der Ernte und das auf einen Schlag ; ansonsten ein Ding der Unmöglichkeit in dieser Branche.