Paul Cézanne hatte sich bei Aix einen Bauernhof als Atelier gekauft. Leider war es sein letztes, denn er starb ein paar Jahre später, als er nach dem Malen auf dem Heimweg während eines Gewitters in einen Graben stürzte, und da man ihn erst am nächsten Morgen barg, zog er sich dabei eine Lungenentzündung zu.
Cézannes Hof lag (damals) weit ausserhalb von Aix, aber in der Nähe des ‚Sainte Victoire‘, dem Berg mit seinem faszinierenden Lichtspiel, der ihn zu rund achzig Gemälden inspiriert hatte (Die Mirabeau-Morde, Kapitel 24).
Obwohl sich im Erdgeschoss eine komplette Wohnung befindet, hat der Maler hier aber niemals gewohnt. Er nutzte lediglich das Atelier, das den kompletten ersten Stock belegt und ging abends immer wieder in seine Stadtwohnung zurück – wobei er dabei gerne in der Brasserie „Les Deux Garçons“ einkehrte, in der sich seit jeher Künstler aller Genres trafen (Die Mirabeau-Morde, Kapitel 4).
Die Gemälde mit seinem Fetisch-Berg, dem ‚Montagne Sainte-Victoire‘ hat er allerdings immer ‚live‘ vor Ort gemalt, da es ihm weniger um eine originalgetreue Abbildung des Berges ging, als um das ständig wechselnde Lichtspiel auf dem Kalksteingebirge.
Die sechs Kilometer täglichen Fussmarsches vom Bauernhof bis zu dem Schuppen vor Ort, wo er seine Utensilien aufbewahrte, waren für ihn bereits Teil des Schöpfungsprozesses.
Das Atelier verfügt über ein riesiges Fenster zur Nordseite hin. Damals stand das Haus aber noch komplett frei, war also noch nicht von Ästen zugewachsen.
Cézanne, der wegen seiner Diabetes extrem lichtempfindlich war, hat aus diesem Grund extra einen lichtschluckenden Grauton für die Wände gemischt und aufgetragen.
Aus dem gleichen Grund hat er das Parkett legen lassen. In der Provence waren damals meist Tomettes verlegt, eine spezielle Fliesenart, die aber den Nachteil hatte, Licht zu reflektieren.
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Damit er seine riesigen Leinwände auch draussen, im reinen Sonnenlicht betrachten konnte, hat er sich extra eine schmale Tür neben dem Fenster einbauen lassen, durch die man die Leinwände nach draussen schieben konnte.
Er hat sich ein spezielle Staffelei bauen lassen, mit der man die grossen Leinwände auch kippen konnte (Cézanne hatte Rückenprobleme)
Die Fenster verfügen über doppelte Klappläden – einer draussen, einer drinnen – damit Cézanne den Lichteinfall nach seinen Bedürfnissen exakt regeln konnte.
Das Atelier ist immer noch voll von seinen Utensilien und Modellen für Stillleben.
Das blaue, dreieckige Stück Leinwand auf der linken Seite des Fotos ist ein Fetzen eines, nach Cézannes Meinung, missratenen Gemäldes. Er hat es dann zerrissen und zum Fenster hinausgeworfen. Der ebenfalls auf dem Grundstück lebende Gärtner Cézannes hat es aufgehoben und für die Nachwelt bewahrt.
Die nackten Frauen auf Cézannes Gemälden weisen seltsamerweise nur ganz sparsam angedeutete Gesichtszüge auf. Dies liegt daran, dass es damals auf dem Land schwierig gewesen wäre, Frauen zu finden, die nackt Modell stehen würden. Also hat Cézanne statt echten Frauen dieses Holzmodell als Vorlage verwendet.